Interview
13
justament mai 2004
E
inen besseren Start ins Berufsleben
hätte sich Maria Rebecca Legat nicht
wünschen können: Wenige Monate nach
ihrem zweiten juristischen Staatsexamen
wurde die jetzige Anwältin vom damaligen
Vorsitzenden und heutigen stellvertreten-
den Vorsitzenden der CDU/ CSU-Bundes-
tagsfraktion Friedrich Merz als wissen-
schaftliche Mitarbeiterin engagiert. Im Ge-
spräch mit justament berichtet sie über
ihren Weg zum Traum-Job", den Alltag
im Büro eines Fraktionsvorsitzenden und
über die Gründe, die sie am Ende zum
Wechsel bewogen haben.
1. Wie sind Sie zu dem Job bei Friedrich
Merz gekommen? War die Stelle offiziell
ausgeschrieben oder lief es über private
Kontakte?
Weder
noch.
Nach
meinem
zweiten
Staatsexamen im Frühjahr 2001 hatte ich
mich vielerorts beworben, auch bei der
CDU/ CSU-Fraktion im Deutschen Bundes-
tag.
Von
dort
erhielt ich nach
einiger Zeit die
Antwort,
dass
meine
Bewer-
bung in einem Bewerberpool" abgeheftet
worden sei, auf das die Abgeordneten der
Bundestagsfraktion bei Bedarf zugreifen
könnten. Als erster antwortete der damali-
ge Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz,
was ich kaum glauben konnte. Während
ich noch auf das Gespräch mit ihm warte-
te der Termin musste aus Zeitgründen
mehrmals verschoben werden , erhielt
ich eine weitere Einladung vom nieder-
sächsischen MdB und Wirtschaftsexperten
Jochen Konrad Fromme, mit dem das Ge-
spräch letztlich sogar noch vor dem mit
Herrn Merz stattfand.
Herr Fromme, der sehr gut vorbereitet
war, redete mehr als eine halbe Stunde mit
mir. Einen Tag vor meinem Bewerbungs-
gespräch bei Herrn Merz erhielt ich seine
Zusage. Er war aber so nett, mir noch Be-
denkzeit bis nach meinem Gespräch bei
Herrn Merz zu geben.
Herr Merz hatte, was nicht verwunder-
lich war, deutlich mehr Mitarbeiter als Herr
Fromme. Nach einem Gespräch mit dem
Büroleiter, der vor allem nach meinen Vor-
stellungen von meiner etwaigen künftigen
Tätigkeit fragte, und einer ausgiebigen
Unterhaltung mit meiner sehr sympathi-
schen Vorgängerin, der einzigen Juristin
im Büro neben Herrn Merz, konnte ich
dann kaum fünf Minuten mit ihm selbst
sprechen, da dieser dringend zu einer Pres-
sekonferenz musste. Dennoch wirkte er
auf mich vollkommen entspannt und
strahlte eine beeindruckende Ruhe aus.
Das Gespräch mit ihm fand damals direkt
im Reichstagsgebäude statt, auf dessen
Dächern es war kurz nach dem 11.9.2001
überall Scharfschützen postiert waren.
Herr Merz hatte dort als Fraktionsvorsit-
zender noch ein zusätzliches Büro. Erst-
mals erlebte ich auch seinen bekannt-
ermaßen kräftigen Händedruck es wird
erzählt, er habe einmal einem Journalisten
beim Handschlag einen Siegelring ge-
brochen. Zu Beginn des Gesprächs erzähl-
te ich kurz etwas von mir, also mein Le-
benslauf in Grundzügen, und dann er-
klärte er mir welche Aufgaben bei einer
etwaigen Einstellung auf mich zukämen.
Herr Merz wies
dann noch mal
auf die nahende
Pressekonferenz
hin
und
sag-
te mir, dass er sich über die Einstellung
Gedanken machen und sich am kommen-
den Tag melden wolle. Daraufhin platzte
aus mir nur ein Das geht nicht!" heraus
ich musste mich ja bis zum Abend für
oder gegen Jochen Konrad Fromme ent-
schieden haben. Die Erklärung habe ich
natürlich noch nachgeschoben, worauf-
hin
Herr Merz nur sagte: Bestellen
Sie Herrn Fromme einen schönen Gruß
von mir und richten Sie ihm aus, dass
Sie sich für mich entschieden haben."
Mit dieser Reaktion hatte ich nun wirk-
lich nicht gerechnet und muss ihn auch
entsprechend angeschaut haben dann
hab ich aber doch recht schnell gestrahlt
wie ein Honigkuchenpferd und mich über
die Zusage gefreut. Umgehend wurden die
nötigen Formalien im Büro geregelt und
etwa eine Woche später habe ich dann
meine Arbeit aufgenommen. Meine Vor-
gängerin hat mich sehr gut eingearbeitet,
wobei ich sowohl auf sie als auch auf mei-
nen Vor-Vorgänger immer zugehen konn-
te. Auch die übrigen Mitarbeiter standen
mir, gerade in der Anfangszeit, immer mit
Rat und Tat zur Seite.
2. Welches Anforderungsprofil war erforder-
lich? Eine bestimmte juristische Qualifika-
tionen oder Examensnote, sonstige Fähig-
keiten oder die Parteizugehörigkeit?
Wie sich aus dem Gespräch mit Herrn Merz
ergab (ähnlich wie vorher aus dem mit
Herrn Fromme), beschränkte sich das An-
forderungsprofil für die Tätigkeit im We-
sentlichen auf Schnelligkeit, sowohl in der
Auffassungsgabe als auch im Arbeitstem-
po, dazu Belastbarkeit, mündliche, schrift-
liche und rhetorische Begabung sowie die
Fähigkeit, komplexe Sachverhalte auf den
Punkt zu bringen. Für meine Examensno-
ten hatte sich keiner von beiden interes-
siert die berüchtigten 2 Prädikatsexami-
na und 5 Jahre Auslandsaufenthalt bei
einem Einstiegsalter von 25 Jahren gehör-
ten bei beiden nicht zum Anforderungs-
profil. Herrn Merz war allerdings aufgefal-
len, dass ich schnell studiert habe, und
Schnelligkeit sei hier mit das Wichtigste.
Auch die Parteizugehörigkeit war kein
Thema Herr Merz sagte mir hierzu nur,
dass ich mich sicherlich nicht bei der
Union beworben hätte, wenn ich ihr nicht
politisch wohl gesonnen wäre. Was ihm
aber auch noch aufgefallen war, war
meine doppelte Staatsangehörigkeit und
dass ich neben meinen beiden Mutterspra-
chen Deutsch und Französisch auch noch
gut in Englisch war. Herr Merz hat seine
parlamentarische Karriere ja als Europa-
Abgeordneter begonnen und hatte da-
durch, aber natürlich auch durch seine Tä-
tigkeit als Fraktionsvorsitzender, immer
wieder Bedarf an fremdsprachigen Fähig-
keiten.
3. Wollte Merz womöglich mit Ihrer Ver-
pflichtung, die ja u.a. auch den Bereich Öf-
fentlichkeitsarbeit betraf, etwas kompensie-
ren, sich kurz nach der von ihm angestoße-
nen Leitkultur-Debatte durch eine
eindeutige Außendarstellung deutlich vom
rechten Rand abgrenzen?
Nein, solche Überlegungen halte ich bei
ihm für völlig ausgeschlossen. Und ich
sehe auch nicht, dass er zu solchen Moti-
ven Anlass gehabt hätte.
4. Werden alle Jobs dieser Art auf solche
Weise vergeben oder gibt es da Unter-
schiede?
Herrn Merz war aufgefallen, dass ich schnell
studiert habe, und Schnelligkeit sei hier mit
das Wichtigste.
Der Macht ganz nahe
Maria Rebecca Legat arbeitete zweieinhalb Jahre im Büro
von Friedrich Merz MdB