Titel D er Bereich Rechtspflege in der Bundes- wehr   (Bw)   stellt   ein   weitgefächertes Betätigungsfeld   dar,   das   allerdings   den meisten  Juristen  unbekannt  ist.  Wer  be- schäftigt  sich  während  seiner  juristischen Ausbildung  schon  mit  der  Materie  Wehr- recht? Der folgende Beitrag skizziert kurz Tätigkeitsfelder   von   Juristen   im   Bereich der   Bw-Rechtspflege   und   soll   Tipps   für Praktika, Stationen oder einen eventuellen Berufseinstieg geben. Rechtspflege in der Bundeswehr Die Rechtspflege der Bw ist mit ihren Berei- chen (Rechtsberater, Wehrdisziplinaranwäl- te,  Rechtslehrer  und  Truppendienstgerich- te)  neben  den  Streitkräften,  der  Bundes- wehrverwaltung   und   der   Militärseelsorge Teil   der   Bw.   Im   Bundesministerium   der Verteidigung  (BMVg)  werden  die  mit  der Rechtspflege  der  Bw  verbundenen  Aufga- ben   durch   die   zivile   Abteilung   “Recht” wahrgenommen.  Frauen  sind  mittlerweile nicht nur in den Streitkräften eine Selbst- verständlichkeit,  sondern  haben  sich  auch im Bereich der Bw-Rechtspflege etabliert. Rechtsberater Bei  der  Gründung  der  Bundeswehr  wurde entschieden,  die  Stellung  des  rechtlichen Beraters unabhängig zu gestalten. Bei den militärischen Kommandobehörden ab Divi- sionsebenen  aufwärts  werden  Beamte  des Höheren Dienstes mit der Befähigung zum Richteramt   als   Rechtsberater   (RB)   einge- setzt. Der Kernbereich ihrer Aufgaben um- fasst   die   Beratung   der   Kommandeure   in allen einschlägigen Rechtsgebieten, insbe- sondere   Fragen   des   Wehrrechts   und   des Völkerrechts.   Sie   unterstützen   die   Kom- mandeure  bei  der  Dienstaufsicht  in  Diszi- plinarangelegenheiten und sind Bindeglied zwischen ihnen und den Strafverfolgungs- behörden. Im Bereich des Stabes beraten sie alle Führungsgrundgebiete, wobei hier der Schwerpunkt  im  Personalwesen  liegt.  Die Teilnahme   der   Bw   an   Auslandseinsätzen hat viele neue Rechtsaspekte und Problem- bereiche aufgeworfen. Bei Auslandseinsät- zen nimmt der RB als persönlicher Berater der   Kommandeure   deutscher   Einsatzver- bände vor Ort teil. Zudem übt er auch das Nebenamt    eines    Wehrdisziplinaranwaltes aus, sofern er bei einer Kommandobehörde tätig ist, die Einleitungsbehörde ist. Wehrdisziplinaranwalt Der Wehrdisziplinaranwalt (WDA) ist Organ der  Rechtspflege  der  Bw.  Seine  Stellung gleicht    in    mancher    Hinsicht    der    eines Staatsanwaltes.    Dem    WDA    obliegt    die Durchführung   der   gerichtlichen   Diszipli- narverfahren. Er ist berechtigt vor Gericht die  Anschuldigung  zu  vertreten  und  Pro- zesshandlungen  vorzunehmen.  Er  vertritt die   dem   BMVg   nachgeordneten   Einlei- tungsbehörden   im   gerichtlichen   Diszipli- narverfahren in erster Instanz. Werden den Einleitungsbehörden   Tatsachen   bekannt, die  den  Verdacht  eines  schweren  Dienst- vergehens rechtfertigen, so beauftragen sie den WDA zunächst mit der Aufnahme von Vorermittlungen.    Konkretisiert    sich    ein hinreichender  Verdacht  gegen  den  Solda- ten, so schlägt der WDA der Einleitungsbe- hörde vor, ein gerichtliches Disziplinarver- fahren   einzuleiten.   Die   Ermittlungstätig- keit   eines   WDA   erstreckt   sich   auf   alle relevanten Beweismittel, auch solche außerhalb der Bw. Bei dieser Tätigkeit hat er etwa eine dem Staatsanwalt im Strafver- fahren   vergleichbare   rechtliche   Stellung. So kann er z.B. Behördenauskünfte einho- len  oder  Zeugen  zur  Vernehmung  laden. Hat    sich    der    Verdacht    eines    schweren Dienstvergehens   erhärtet,   erstellt   er   eine Anschuldigungsschrift.    Diese    ähnelt    der Anklageschrift    im    Strafverfahren.    Nach rechtskräftigem     Abschluss     der     gericht- lichen Disziplinarverfahren vollstreckt er in Zusammenarbeit   mit   den   jeweiligen   Be- hörden das Urteil. Rechtslehrer An  den  Akademien  der  Bw,  am  Zentrum Innere  Führung  sowie  Schulen  der  Streit- kräfte sind Volljuristen als Rechtsdozenten und  -lehrer  eingesetzt.  Sie  lehren  z.B.  in den    Rechtsbereichen:    Verfassungs-    und Notstandsrecht,    Soldatenrecht,    Wehrbe- schwerde   u.   Wehrdisziplinarrecht,   Wehr- strafrecht, Humanitäres Völkerrecht, Inhal- te  der  einschlägigen  Erlasse  u.  Dienstvor- schriften, Recht der Anwendung militärischer   Zwangsbefugnisse,   Umwelt- schutzrecht, See- u. Luftrecht. Wehrdienstgerichte Im   deutschen   Wehrrechtssystem   gibt   es keine Militärgerichte im eigentlichen Sinn. Hat sich ein Soldat strafbar gemacht, muss er  sich  vor  den  Strafgerichten  verantwor- ten.  Der  Bund  hat  jedoch  von  der  in  Art. 96 Abs. 4 GG vorgesehen Möglichkeit Ge- brauch   gemacht,   Gerichte   zur   Entschei- dung  in  Disziplinar-  und  Beschwerdever- fahren    von    Soldaten    einzurichten:    Die Wehrdienstsenate   des   BVerwG   sowie   die Truppendienstgerichte Nord (Münster) und Süd (München). Die Truppendienstge- richte  (TDG)  haben  derzeit  22  Kammern. Jede Kammer entscheidet im gerichtlichen Disziplinarverfahren    durch    einen    zivilen Berufsrichter,   als   Vorsitzenden   der   Kam- mer,  sowie  zwei  Soldaten  als  ehrenamtli- che Richter. Die Urteile der Truppendienst- gerichte   sind   mit   dem   Rechtsmittel   der Berufung   angreifbar.   Die   beiden   Wehr- dienstsenate des BVerwG sind mit drei zi- vilen  Berufsrichtern  und  zwei  ehrenamt- lichen militärischen Beisitzern besetzt. Praktika-Stationen-Berufseinstieg Studenten und Referendare können im Be- reich  Bw-Rechtspflege  Praktika  oder  ihre Stationen absolvieren. Neben dem Bereich der  Rechtspflege  stellt  auch  die  Bw-Ver- waltung  ein  interessantes  juristisches  Tä- tigkeitsfeld  dar.  Außerhalb  der  Bw  bieten sich Praktika bei Rechtsanwälten mit dem Schwerpunkt  Wehrrecht  oder  beim  Deut- schen BundeswehrVerband (DBwV) an. Re- ferendare  können  dort  auch  ihre  Ausbil- dungsstationen absolvieren. Stellenaus- schreibungen für den Bereich der Rechtspflege  in  der  Bw  sind  eher  selten. Interessierten ist daher zu empfehlen Initi- ativbewerbungen an die jeweiligen Wehr- bereichsverwaltungen (WBV) oder das Bundesamt   für   Wehrverwaltung   (BAWV) zu schicken. In der Regel findet die Bewer- berauswahl    in    Form    eines    Assessment- Centers statt. BMVg: www.bmvg.de WBV: Die Anschriften des BAWV u. der WBV Nord, Ost, Süd u. West findet man in www.bund.de unter Behörden-Suche-Bund mit dem Begriff “Wehrbereichsverwaltung”. DBwV: www.dbwv.de Das Internetportal zum Deutschen Wehr- recht: www.deutsches-wehrrecht.de Informationen Wehrrecht - eine exotische Materie Tätigkeitsfelder für den juristischen Nachwuchs bei der Bundeswehr Jörg-Christian Lorenz 16 justament dezember  2003