Didaktik für Profs

„Staatsorganisationsrecht lehren“ von Julian Krüper und Arne Pilniok

Matthias Wiemers

Wer heutzutage einen Lehrauftrag wahrzunehmen hat, sieht sich unterschiedlichen Anforderungsprofilen in der Vielfalt der Hochschullandschaft gegenüber. Klar ist, dass schon aufgrund der Ausdifferenzierung des Hochschulsystems nicht ohne weiteres der „Frontalunterricht“ gewählt werden darf, wie man ihn vielleicht vor Jahrzehnten selber an einer staatlichen Universität erfahren hat.
Unterschiedliche Hochschulformen und Studiengänge erfordern es, sich auch mit didaktischen Fragen auseinanderzusetzen, die klassisch nur ein Pflichtthema für angehende Lehrer waren.
Der junge Juraprofessor Julian Krüper und der Juniorprofessor Arne Pilniok haben es mit dem vorliegenden Band unternommen, gemeinsam mit weiteren Autoren am Beispiel des Staatsorganisationsrechts Beiträge zur Didaktik in der Rechtswissenschaft zu liefern. Dabei stellen Sie in ihrem Vorwort fest, dass die Aufmerksamkeit in Fragen der Hochschuldidaktik und bezüglich innovativer Lehrangebote sich bislang eher außerhalb des Pflichtangebots im rechtswissenschaftlichen Studium bewegen. Sie möchten nun die Aufmerksamkeit auf das Staatsorganisationsrecht als Teil des Pflichtcurriculums legen, wobei dem Band zwei Forschungsprojekte zugrunde lagen.

Das Staatsorganisationsrecht ist in der Tat insoweit ein besonderes Fach, als es einerseits eine Brückenfunktion von sozialwissenschaftlichen Inhalten in der Schule hin zum rechtswissenschaftlichen Studium und andererseits eine zentrale Funktion für das gesamte Studium einnimmt – jedenfalls dann, wenn man sich im Studienverlauf eher auf öffentlich-rechtliche Themen spezialisiert.

Die beiden Herausgeber stellen in einem Eingangsbeitrag mit gleichem Titel die Probleme des Staatsorganisationsrechts im juristischen Studium dar. Diese lassen sich pointiert mit der von den Autoren erkannten „Falle eines didaktischen Verfassungsgerichtspositivismus“ umschreiben, wonach die Dominanz der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dazu verleitet, die Vermittlung von Strukturwissen zu vernachlässigen und die Einzelfallbezogen der Entscheidungen des Gerichts unterzubelichten.
Eike Michael Frenzel fragt nach „Variationen für das Staatsorganisationsrecht in der Lehre“, worin er zunächst einmal das Verhältnis zwischen Recht und Politik darstellt, das für das Staatsorganisationsrecht von besonderer Bedeutung ist. Es werden mögliche Lernziele diskutiert und Hinweise für zu nutzende Medien sowie methodische Hinweise gegeben.
Arne Pliniok und Leonard Szabo stellen das Staatsorganisationsrecht im juristischen Curriculum dar, wobei herauskommt, dass das Teilfach nur ausnahmsweise nicht in einem der ersten beiden Semester gelehrt wird und Abweichungen hiervon sich auch eher auf die Vergangenheit beziehen. Bei Lektüre dieses Beitrags kann man sich als Veranstalter überlegen, ob man von der üblichen Einordnung abweichen will, oder ob alternative Organisationsformen, wie sie in dem Beitrag vorgestellt wurden, vorzuziehen sind.
Den eigentlichen inhaltlichen Kern des Buchs bildet sicherlich der Beitrag „Lernziel- und Kompetenzorientierung am Beispiel des Staatsorganisationsrechts“ von Lukas Musumeci. Er betont gleich zu Beginn, dass Lehrende eine Vorstellung darüber entwickeln müssen, was die Lernenden lernen sollen. Diese Zielorientierung hilft auch denjenigen, die rechtswissenschaftliche Inhalte jenseits mehr oder weniger üblicher Curricula an deutschen Universitäten vermitteln sollen, ja gerade diejenigen, die mit der Vermittlung ihres Stoffes seitens ihrer Hochschule weitgehend alleingelassen werden, können sich hier orientieren. Zu recht sieht der Autor den Schritt weg von der reinen Wissensvermittlung hin zur Kompetenzorientierung im größeren Zusammenhang eines Wandels der Hochschulsysteme. Der Beitrag schließt mit der Anwendung der zuvor entfalteten Grundsätze auf das Staatsorganisationsrecht.
Für die überkommene Lehre im Staatsexamensstudium an den Universitäten sicherlich besonders wichtig sind die Hinweise im folgenden Kapitel von Judith Brockmann, Lukas Musumeci und Leonard Szabo über die notwendige arbeitsteilige Verknüpfung von Vorlesung, Arbeitsgemeinschaft und angeleitetem Selbststudium. Hier gibt es sicherlich immer wieder Optimierungspotential – gerade an einer „Massenuniversität“, wie sie heute freilich für Jura die Mehrzahl sind.
Anja Böning bringt schließlich eine „fachdidaktische Notiz“ zu drei gängigen Lehrbüchern des Staatsorganisationsrechts, die sie charakterisiert und einordnet, bevor abschließend Beispiele für die Gliederung von Vorlesungen im Staatsorganisationsrecht gegeben werden.

Alles in allem: ein nützliches Hilfsmittel für Lehrende nicht nur des Staatsorganisationsrechts.

Julian Krüper/ Arne Pilniok (Hrsg.), Staatsorganisationsrecht lehren. Beiträge zu einer Wissenschaftsdidaktik des Verfassungsrechts, Nomos Verlag, Baden Baden 2016, 236 S. 59 Euro (ISBN 978-3—8487-1732-3)

Veröffentlicht von on Mrz 27th, 2017 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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