Rückblicke auf die deutsche Wissenschaftslandschaft

Christian Starck bringt eine weitere Sammlung seiner Schriften heraus

Matthias Wiemers

StarckDer Staatsrechtslehrer Christian Starck, 1937 in Breslau geboren und an den Universitäten Kiel, Freiburg und Würzburg ausgebildet, hat als Ordinarius an der Universität Göttingen ein recht breites Spektrum literarischen Wirkens entfaltet. Mehr noch hat er in zahlreichen Institutionen gewirkt und hat damit den in der Theorie liegenden professionellen Fähigkeiten eines Staats- und Verwaltungsrechtlers ein beeindruckendes praktisches Wirken an die Seite. Gestellt. Mit dem hier vorzustellenden Band fasst Starck erneut einen Teil seiner naturgemäß verstreut erschienenen kleineren Publikationen zusammen, wobei ein großer der hier vereinten Texte ursprünglich Vorträge in institutioneller Funktion darstellen.
Nach der sachlichen Einteilung, die sich schon dem Titel des Bandes entnehmen lässt, behandeln die Texte einerseits bedeutende Lehrer des öffentlichen Rechts und zum anderen wissenschaftliche Einrichtungen, denen Starck zum Teil bis heute in mehr oder weniger exponierter Funktion angehört oder an deren Veranstaltungen er teilnimmt.
Nachfolgend einige Blicke in den Band, der – so viel sei schon hier verraten – der gesamten Lektüre durchaus lohnt. Die Texte sind teilweise aus mehreren an verschiedenen Stellen zuerst erschienenen Teilen zusammengesetzt, was jeweils angegeben wird und woraus ein vollständiges Bild von Person oder Institution entsteht. Das erste Portrait betrifft Heinrich Albert Zachariae, der von 1806 bis 1875 lebte. Knapp nur wird gewürdigt Rudolf Smend, der ab 1935 – aus Berlin verdrängt – 40 Jahre in Göttingen lehrte. Ebenfalls eher kurz ist die Würdigung Hermann Hellers (1891 – 1933), der sicherlich zu den innovativsten Staatsrechtslehrern der Weimarer Republik zählte und im politischen Exil einem Herzleiden erlag. Hermann von Mangoldt (1895 – 1953), einer der bestimmendsten Gestalter des Grundgesetzes, dessen frühen Grundgesetzkommentar (1953) Starck seit den 1980er Jahren herausgibt, wird nicht nur in dieser Funktion, sondern vor allem auch hinsichtlich seiner in der kriegslosen Zeit erschienen Studien zum amerikanischen Verfassungsrecht gewürdigt. Neben Smend weitere Göttinger Kollegen sind Gerhard Leibholz (1801 – 1982), Ernst Rudolf Huber (1903- 1990), Werner Weber (1904 – 1976), Volkmar Götz (geb. 1934) und Hans Hugo Klein (geb. 1936). Von diesen sei besonders auf die Ausführungen zu Werner Weber verwiesen, der an der Entstehung der niedersächsischen Verfassung beratend mitgewirkt hatte. Der als vor allem in Freiburg wirkender Politikwissenschaftler bekannt gewordene Wilhelm Hennis (1923 – 2012), von der Ausbildung her Jurist und als solcher Mitglied des Göttinger Smend-Seminars, wird ausführlich gewürdigt. Interessant auch der Nachruf auf Starcks Würzburger Lehrer Günther Küchenhoff (1907 – 1983), der ebenfalls ein gebürtiger Breslauer gewesen war und über den man gegenwärtig – trotz dreier in den Seminarbibliotheken stehender Festschriften – kaum noch etwas erfährt.
Die Würdigung des taiwanesischen Staatsrechtslehrers Yueh-sheng Weng (geb. 1932) gibt einen ersten Eindruck von den internationalen Bezügen, die das jahrzehntelange Wirken Starcks aufweist.
Von größerem Interesse dürfte der zweite Teil sein, weil er uns viel über die Entwicklung wissenschaftlicher Institutionen und auch die Hochschulpolitik der letzten 40 Jahre lehrt. Das Kapitel beginnt mit dem Schwerpunkt, nämlich einer Schilderung der Entwicklung der Georgia Augusta, der traditionsreichen Göttinger Georg-August Universität. Der erste Teiltext ist ein Rückblick des scheidenden Rektors Christian Starck am Ende des akademischen Jahrs 1976/77, dem eine Würdigung der langjährigen Amtszeit des ersten Präsidenten der Universität folgt und dann einer Schilderung der Entwicklung der Universität in der Zeit von 1968 bis 1987. Der Text schließt mit einer Schilderung der nur als skandalös zu bezeichnenden Umwandlung der Hochschule in eine so genannte Stiftungsuniversität Anfang des Jahres 2003. Was hier geschildert wird, kann man eben nicht bei wikipedia nachlesen. Es ist ein Lehrstück ideologischer Politik, die keine Rücksicht auf bewährte Strukturen und rechtlicher Notwendigkeiten nimmt.
Weitere Institutionen, die geschildert werden, ist die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, der Starck seit Jahrzehnten angehört und für vier Jahre vorgestanden hat.
Für öffentlich-rechtlich interessierte Juristen interessant ist die Staatsrechtslehrervereinigung, der Starck mehrfach vorgetragen und auch vorgestanden hat. Abgedruckt ist nicht nur der Vortrag des Vorsitzenden zur Tagung im Jahre 1999, sondern auch eine Darstellung der Geschichte der Vereinigung, die über die früheren Darstellungen Smends und Hans-Peter Ipsens hinausgeht und naturgemäß auch aktueller ist.
Schließlich werden die „Internationale Vereinigung für Verfassungsrecht“, die „Societas Iuris Publici Europaei“ sowie die „Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche“ in zum Teil mehrteiligne Texten gewürdigt.
Aus der Lektüre tritt uns eine Gestalt hervor, die in Institutionen das Recht fortentwickelt hat und sich dabei in der Tradition auch von Personen stehen sah. Auf mögliche weitere (Neu-)Veröffentlichungen Christian Starcks dürfen wir gespannt sein.

Christian Starck
Rechtsgelehrte und wissenschaftliche Institutionen
Nomos Verlag, Baden Baden 2016
354 S., 58 Euro
ISBN 978848725212

Veröffentlicht von on Sep 5th, 2016 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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