Pinar im Reisefieber

Justament-Klassiker: Pinars Tagebuch, Oktober 2008:

Liebes Tagebuch,

vorhin saß ich ganz lustlos über meinen Akten, als mich plötzlich das Reisefieber packte. Ich weiß nicht, ob es an der Tatsache lag, dass ich in diesem Jahr keinen Urlaub gemacht habe und in naher Zukunft auch keiner in Aussicht steht, oder der im Flur stehende Reiserucksack meines Freundes dafür verantwortlich war. Anlässlich seines geplanten Wochenend-Camping-Trips hatte er ihn aus dem Keller gekramt. Ich stand von meinem Schreibtisch auf und lief in Richtung Flur als ich den groooßen Reiserucksack erblickte. Da stand er nun in seiner vollen Pracht und verhöhnte mich. Ich hatte sogar das Gefühl, dass mich dieses Monstrum von Rucksack verziert mit ein wenig Kellerstaub und bunten Etiketten tatsächlich auslachte. Schließlich hatte er von der großen weiten Welt schon vielmehr gesehen als ich. Mein Freund hatte ihn vor Jahren für seine dreimonatige Thailand-Rucksack-Tour gekauft, so dass er schon fast überall in Thailand war. O.k., ich weiß, dass sich das etwas verrückt anhört….Außerdem kommen meine Jeans aus der Türkei, meine Schuhe aus Singapur und mein Pulli aus Taiwan. Da komme ich auch nicht auf solch merkwürdige Gedanken. Doch das mit dem Rucksack nahm ich irgendwie persönlich. Ich kam nicht umhin, mich zu fragen, ob all diese verrückten Gedanken in mir nur aufkamen, damit ich mich von meiner Akte ablenken konnte. Schließlich passte das auch in meine Welt, in der Jura regelmäßig der Sündenbock für eine Vielzahl schlechter Angewohnheiten ist. Meine Freundin fing in der Examensvorbereitungsphase trotz zweijähriger Abstinenz wieder mit dem Rauchen an und sagte, der ganze Stress mit der Lernerei sei der Grund für ihren Rückfall. Eine andere Freundin trank jeden Abend zwei Gläser Rotwein, damit sie einschlafen konnte. Sie konnte wegen der Aufregung des bevorstehenden Staatsexamens nicht mehr gut schlafen. Warum sollte dann die Juristerei nicht auch verantwortlich für meine skurrilen Gedankengänge sein. Ja, ich weiß, dass ich ein wenig übertreibe….aber diese Lust, an einen fernen weiten Ort zu fahren, lässt mich nicht mehr los. Zeit meines Lebens wollte ich mit einem Rucksack eine Reise durch ein fernes Land machen. Leider kam immer irgendetwas dazwischen. Alleine traute ich mir das nicht zu. Dann fehlte die passende Reisebegleitung. Ein anderes Mal das passende Geld…oder auch die fehlende Zeit. Doch auch wenn man Wünsche für längere Zeit unterdrückt, so kommen sie doch meist irgendwann zu Tage. Und das natürlich auch immer im falschen Moment. Ich glaube, ich muss endlich zur Tat schreiten und meinen langersehnten Traum verwirklichen. Das wäre doch wirklich was für die Zeit nach dem Examen. Aber ich kann doch nicht als Arbeitslose durch die Gegend reisen, wenn ich mich eigentlich um einen Job kümmern müsste?! Außerdem freue ich mich wirklich, endlich ins richtige Berufsleben einsteigen zu können. Weißt du was…ich glaube ich sollte mich jetzt wieder meiner Akte widmen, sonst werde ich in absehbarer Zeit überhaupt nicht ins Berufsleben einsteigen können. Und mein Fernweh, das hat jetzt schon so lange gewartet, da muss es sich eben leider noch ein wenig weiter gedulden.

Deine Pinar

Veröffentlicht von on Mai 27th, 2013 und gespeichert unter LIEBES TAGEBUCH, PINAR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

1 Antwort for “Pinar im Reisefieber”

  1. Alta R. Yang sagt:

    Ich schätze mal, 4 Wochen ohne Party sind zu überleben… Hier geht’s immerhin um seinen Abschluss und nicht um bissl ‚Hausarbeit und Referat‘. Und ich möchte dich hier nicht herabwerten, ich hab auch studiert und genug Hausarbeiten etc schreiben dürfen, aber der Druck beim (in meinem Fall) Examen, war dann doch ‚etwas‘ höher als bei den Prüfungen u.ä. davor.Und immerhin weißt du ja, wenn die DA abgegeben ist, ist Ruhe mit Uni und dann wird’s vielleicht wieder besser.Trotzdem verstehe ich, dass es dich nervt. Mein Ex hat vor einem halben Jahr auch seine Masterarbeit geschrieben, alles aufgeschoben, bis nichts mehr ging und dann in Panik verfallen. Auch wochenlang in der Bib ‚gewohnt‘ oder die Nächte am Schreibtisch verbracht. Und wir waren davor schon kaum aus, weil er mit mir allein ja nichts machen wollte (O-Ton) und mit Freunden so selten was zusammen ging.Jedenfalls hab ich ihn da unterstützt wo ich nur konnte, seine Launen ertragen, im Ruhe gelassen, teilweise selbst an seiner Arbeit mitgebastelt und das Ganze 2-3x Korrektur gelesen. Mir ist der Kragen geplatzt, als dann die Abgabe kam, ich mich gefreut habe, dass er wieder Zeit hat und dachte, wir gehen jetzt mal auf seinen Erfolg anstoßen oder schön Essen und dann erklärt er mir, dass er jetzt erstmal mit den Jungs sauber Bier trinken geht und überhaupt, am Wochenende geht er auf ne Geburtstagsparty, aber ohne mich, weil er saß ja jetzt dauernd mit mir zusammen in der Wohnung und er muss jetzt einfach mal allein raus. ‚Das muss ich schon verstehen!’Und das traurige war, dass er einfach nicht verstanden hat, warum ich da jetzt sauer und enttäuscht bin.Zusammen mit vielen anderen Punkten hat das dann am Ende auch zur Trennung geführt, er war einfach nicht bereit, mich so in sein Leben einzubinden, wie ich mir das nach 3 Jahren Beziehung und Gesprächen über Hochzeit gewünscht hätte.Aber nach 4 Wochen würd ich mich da noch nicht aufregen! Das gibt sich schon wieder! Viel Glück!

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