Die Noch-Nische IP/IT

Zu Besuch bei SJ Berwin in Frankfurt am Main

Damian Weissmann

Dr. Stefan Krüger, Leading Partner bei SJ Berwin

Dr. Stefan Krüger, Leading Partner bei SJ Berwin

SJ Berwin präsentiert sich auf der Webseite als leading international law firm. „Ambitious? Yes. We all are.“ lautet der dazu passende Werbeslogan. 600 Anwälte – davon 175 Partner – arbeiten an zwölf Standorten in Europa und Asien. SJ Berwin ist ein global player in der Rechtsberatung, für den in Deutschland mehr als 100 Anwälte arbeiten. Hier soll nun die Kanzlei in Frankfurt unter besonderer Berücksichtigung des Bereichs IP/IT kurz vorgestellt werden.

Die Sozietät wurde im Jahre 1982 in London als reine Wirtschaftskanzlei gegründet und ist in Form der englischen „Limited Liability Partnership“ organisiert. In Deutschland ist SJ Berwin seit 1998 ansässig, die Standorte sind in Frankfurt am Main, Berlin und München. Überwiegend wird die Kanzlei mit ihrer Kernkompetenz im Bereich Private Equity verbunden. Aber auch in den Nebengebieten hat sich SJ Berwin inzwischen dank systematischer Individualisierung etabliert.SJ Berwin leistet als Full-Service-Kanzlei hauptsächlich grenzübergreifende Beratungsleistungen auf dem gesamten Gebiet des Wirtschaftsrechts.

IP/IT Frankfurt am Main
Die Kanzlei ist in Frankfurt in einem Rundbau mit dazugehörigem Turm in der Nähe der Messe ansässig. Ich treffe mich dort mit Dr. Stefan Krüger, leading Partner der Kanzlei für den Bereich IP/IT. Die Abteilung befindet sich im 13. Stock , von wo man einen tollen Blick auf die Frankfurter Skyline hat. Trotz des praktisch gelegenen, nicht allzu hektischen Standortes gibt es allerdings Umzugspläne, denn der Glasbau mit seinen 15 Stockwerken ist nicht mehr standesgemäß. Wer in der Bundesliga mitspielen will, müsse auch das entsprechende Spielfeld vorweisen. Ambitious, indeed.
Herr Dr. Krüger arbeitet hier zusammen mit drei Associates. Er kam im Jahr 2007 von Freshfields zu SJ Berwin und hat seitdem den Fokus der Abteilung konsequent auf die Bereiche Neuen Medien, Film und Biotechnologie gelegt. Die Situation sei insoweit ungewöhnlich, als es bei SJ Berwin in den kleineren Abteilungen der Rechtsberatung mehr Raum für individuellere und unabhängigere Tätigkeiten gebe als anderswo. Bereiche wie IP/IT oder Kartellrecht existierten nicht nur als Anhängsel, um bei Transaktionen ein Minimum an Beratung zu gewährleisten, wie es u.U. bei anderen Großkanzleien zu sehen ist, sondern stehen auf eigenen Beinen. Die Kanzlei befürwortet also einen hohen Grad an Spezialisierung auch in den Nebengebieten. Bisher ist es gängige Praxis, dass IP/IT-Mandate auch von kleineren bis mittelgroßen Kanzleien oder sogar Einzelkämpfern übernommen werden. Dies werde sich laut Herrn Dr. Krüger aber in Zukunft ändern, denn mit zunehmender medialer Vernetzung werde dieser Bereich weiter an Bedeutung und Komplexität gewinnen. Somit werde auch das Bedürfnis nach Rechtsberatung steigen und der Markt, d.h. die großen Kanzleien, sich darauf einstellen müssen. Vergleichbar sei dies mit dem Bereich des Outsourcing, der erst vor einigen Jahren boomte und sich zu einer sog. Commodity entwickelte, also standardmäßig in die Angebotspalette der großen Kanzleien aufgenommen wurde. Eventuell steht diese Entwicklung in Zukunft auch dem allgemeinen IP/IT-Rechtsbereich bevor. SJ Berwin setzt daher auf eine konsequente Spezialisierung in den attraktivsten Nischen.
Die Sozietät bietet im IP/IT eine umfassende Beratung an, die die Bereiche Patente, Marken, Urheberrecht und Design sowie die Durchsetzung aller damit verbundenen Rechte abdeckt. Bekannte Mandate betreffen Coca-Cola, Disney (Online-Auftritte), Nintendo (Launch einer neuen Spiele-Plattform), McDonald’s, MTV, StudiVZ, Tipp24 (datenschutzrechtliche Fragen) und einige mehr.
Für die tägliche Arbeit ist gerade im Bereich der Neuen Medien die Fähigkeit zur Lösung unbekannter Probleme – also echtes Juristenhandwerk – gefragt, denn viele Fragen tauchen im Streitfall zum ersten Mal auf, ohne dass auf Rechtsprechung oder Literatur zu dem Thema zurückgegriffen werden kann. Beispielsweise beriet SJ Berwin die Betreiber des Rollenspiels „World of Warcraft“ in der Frage, wie sich der Verkauf von virtuellen Spielfiguren-Items durch Dritte (meist erspielt durch sog. Farming) verhindern ließe. In diesem juristisch noch weitgehend ungeklärten Bereich der Multiplayer-Rollenspiele konnte das Verhalten der Item-Anbieter aufgrund der damit verbundenen systematischen Unterwanderung des dem Rollenspiel eigenen von Angebot und Nachfrage bestimmten Wirtschaftssystems als Wettbewerbsverstoß qualifiziert werden.

Aussichten für Einsteiger
Bei SJ Berwin werden Berufseinsteigern Spitzengehälter (um ca. 90 000 Eur plus Bonus) gezahlt. Dafür sollte der Bewerber aber auch die volle „Kriegsbemalung“ (zwei vollbefriedigende Examina, etc.) vorweisen können. Gerade weil die Kanzlei sich zunächst in England etabliert hat und eine intensive Zusammenarbeit zwischen London und Frankfurt besteht, ist die Sprachqualifikation zudem von grundlegender Bedeutung. Hervorzuheben ist außerdem, dass bei SJ Berwin auf eine gesunde Work-Life-Balance geachtet wird. Man hat hier erkannt, dass derjenige, der auf Dauer über seinem Limit arbeitet, mittelfristig keine Bereicherung für die Kanzlei sein kann. Die angenehm entspannte Atmosphäre, die hier trotz des steilen Werdegangs der Sozietät herrscht, scheint dies zu bestätigen.

SJ Berwin hat sich bereits als feste Größe des Wirtschaftsrechts auf dem deutschen und europäischen Anwaltsmarkt etabliert. Für den Aufstieg in die Bundesliga setzt die Kanzlei dabei auf Spezialisierung. Ambitious? Yes. They all are.

Veröffentlicht von on Aug 23rd, 2010 und gespeichert unter DRUM HERUM, KANZLEIREPORT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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