S ie  sind  auf  den  ersten  Blick  nicht  zu erkennen,   doch   sie   gehören   zu   fast jeder juristischen Fakultät in Deutschland – Studenten, die Jura im Nebenfach stu- dieren  und  einen  Magister  bzw.  Bachelor (BA) oder Master (MA) anstreben. Eine von ihnen ist Jenny Krämer (33). Die Berlinerin hat   an   der   Universität   Potsdam   gerade ihren    Magister    (M.A.)    in    den    Fächern Geschichte, Politik und Öffentliches Recht gemacht    und    ist    erfolgreich    bei    einer Marktforschungsgesellschaft eingestiegen. „Meine juristischen Kenntnisse haben den Berufseinstieg  sicherlich  erleichtert“,  sagt Krämer rückblickend. „Es kommt in unse- rem Unternehmen immer wieder vor, dass juristische     Fragen     im     Raum     stehen“, beschreibt die Absolventin ihren Arbeitsall- tag. Gerade bei neuen Produkten geht es häufig  um  Lizenzrechte  oder  Einfuhrbe- stimmungen,  sofern  die  Ware  nicht  aus dem  EU-Raum  stammt.  Ihr  Chef  ist  froh, wenn er auf ihr Know-how zurückgreifen kann und nicht teuer bei einem Anwalt um Rat  fragen  muss.  Zurzeit  bereitet  Krämer ihre Dissertation vor, an der sie berufsbe- gleitend  arbeiten  wird.  „Es  geht  um  eine historische  Rechtsvergleichung“,  sagt  sie. Ohne    ihr    Nebenfachstudium    wäre    das Thema nicht möglich gewesen. Als Nebenfach im Magisterstudiengang können etwa an der Uni Bonn die Fächer Zivilrecht,   Öffentliches   Recht,   Strafrecht und Privatrechtsvergleichung studiert wer- den.   Offen   ist   an   einigen   Universitäten noch, wie Jura als Nebenfach in die neuen BA- und MA-Studiengänge integriert wer- den  kann.  Verlangt  wird  ein  Studium  im Umfang   von   rund   40   Semesterwochen- stunden.  Im  Grundstudium  müssen  drei Vorlesungen, eine Übung und eine Arbeitsgemeinschaft    in    dem    gewählten Rechtsgebiet absolviert werden. Im Haupt- studium ist dann eine Spezialisierung auf Bürgerliches    Recht,    Unternehmensrecht, Völkerrecht,   Kriminologie   oder   Jugend- strafrecht möglich. Das Examen besteht in der Regel aus einer vierstündigen Klausur und einer halbstündigen mündlichen Prü- fung. Für die Prüfung können die Kandi- daten zwei bis drei Wahlgebiete angeben, aus   denen   das   Thema   für   die   Klausur gestellt wird. Einige Universitäten verzich- ten auch ganz auf die Klausur. Attraktiv für Arbeitgeber Weitgehend   unbemerkt   von   der   juristi- schen    Öffentlichkeit    hat    sich    Jura    als Nebenfach  zu  einem  wahren  Katalysator für den Berufseinstieg entwickelt. Bei der Bundesagentur für Arbeit ist nur eine ver- schwindend geringe    Anzahl von Magisterab- solventen mit Jura  als  Neben- fach   als   Arbeit suchend  gemel- det, wohingegen die Zahl der arbeitslosen Volljuristen von Jahr zu Jahr steigt. Viele Arbeitgeber verzichten heute auf den  teuren  Rat  einer  Kanzlei  und  stellen stattdessen Bewerber mit fundierten Rechtskenntnissen ein, die sie gegebenen- falls zu Fortbildungen schicken. Das bestä- tigt auch Thomas Dietrich, Geschäftsführer der   Medienagentur   IMEGS   in   Bornheim bei Bonn. „Einen Rechtsanwalt zu konsul- tieren,  ist  in  der  Regel  sehr  kostspielig“, sagt er. Wenn es um juristische Recherchen für   ein   neues   Projekt   geht,   greift   die Geschäftsleitung  auf  Mitarbeiter  zurück, die  juristische  Kenntnisse  aus  dem  Stu- dium mitbringen. Multifunktional einsetzbar Immer mehr entwickeln sich Nebenfachab- solventen,  vor  allem  in  Ballungsgebieten wie Bonn, Berlin, Hamburg und München, zu Konkurrenten für kleinere und mittlere Anwaltskanzleien,     denen     die     Mandate wegfallen, weil Firmen verstärkt auf eige- nes    juristisches    Personal    zurückgreifen. „Wir beobachten eine massive Marktregu- lierung bei den juristischen Dienstleistun- gen“,  sagt  Dietrich.  Und  das  bundesweit. Es   gibt   immer   mehr   Anwälte,   die   ihre Dienste     zu     Dumpingpreisen     anbieten, wenn  sie  eine  Firma  beraten  wollen.  Oft bleibt   den   Rechtsanwälten   auch   nichts anderes  übrig,  denn  Magisterabsolventen haben ihren volljuristischen Kollegen eini- ges  voraus.  Sie  verfügen  über  eine  breite Allgemeinbildung, haben häufig Auslands- erfahrung   und   sprechen   ein   oder   zwei Fremdsprachen   fließend.   „Nebenfachab- solventen   sind   im   Gegensatz   zu   vielen Volljuristen, die `nur` das juristische Hand- werkszeug    beherrschen,    multifunktional einsetzbar“, sagt Dietrich. Bei mittel- ständischen   Unter- nehmen, in der Medienbranche und auch bei öffent- lichen  Arbeitgebern sind  Nebenfächler  hoch  im  Kurs,  etwa  in der   Personalabteilung,   als   Pressereferen- ten, Dozenten oder Projektmanager. Erfolgreich ins Berufsleben gestartet ist auch Banu Avuk (26). Die frisch gebackene Politologin  (M.A.)  und  gebürtige  Türkin mit  deutschem  Pass  ist  im  Vorstand  der Türkisch-Deutschen Studenten- und Aka- demikerplattform    e. V.    (TDAP)    in    Köln für  Sponsoring  und  Öffentlichkeitsarbeit zuständig.   Die   TDAP   ist   ein   wichtiger Gesprächspartner der Bundesregierung bei Fragen der Migration und Einwanderung. Der   Vorstand   pflegt   enge   Kontakte   zu Behörden  und  Ministerien  und  ist  häufig zu     Gast     beim     nordrhein-westfälischen Integrationsminister Armin Laschet (CDU). Avuks Nebenfächer während des Studiums an  der  Universität  Bonn  waren  Islamwis- senschaft   und   Öffentliches   Recht.   „Die Kombination  aus  juristischen  und  kultur- wissenschaftlichen    Fachkenntnissen    hat mich für meinen Arbeitgeber sofort inter- essant gemacht“, sagt sie. justament vier  2007 15 Ausbildung Vom Nebengleis auf die Überholspur Absolventen mit Jura als Nebenfach haben gute Berufsaussichten Benedikt Vallendar www.fs-jura.uni-bonn.de Informationen Die Nebenfachjuristin Banu Avuk, M.A., ist in leitender Position für Sponsoring und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Viele Arbeitgeber verzichten heute auf den teuren Rat einer Kanzlei und stellen stattdessen Bewerber mit fundierten Rechtskenntnissen ein.